Digitale Erziehung – eine Herausforderung für Eltern und Schule

Die Digitalisierung hat umfangreich Einzug in unseren Alltag gehalten und macht auch vor Kinderzimmern und Klassenräumen nicht halt. Sie bietet tolle Möglichkeiten, birgt aber auch einige Gefahren. Umso wichtiger ist es, den Kindern einen verantwortungsvollen Umgang mit den entsprechenden Geräten und Plattformen zu vermitteln. Hier kommt es auf eine gute Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule an, um den Kindern einen soliden Leitfaden zu bieten, an dem sie sich orientieren und eine sichere sowie gewinnbringende Handhabung digitaler Geräte und Software lernen können. Im gleichen Zuge geht es darum, den Kindern Medienkompetenz zu vermitteln, damit sie künftig im Meer des Medienangebots wirklich relevante Informationen herausfiltern können, die ihren Interessen entsprechen, statt nur wahllos zu konsumieren. Damit einher geht die Bewertung des Informationsangebots mit einem kritischen Blick.

RICHTLINIEN FÜR DIE BILDSCHIRMNUTZUNG

Im Jahr 2008 entwickelte der renommierte französische Psychoanalytiker Serge Tisseron die bekannte 3-6-9-12, um die Nutzung von Bildschirmmedien in verschiedenen Altersgruppen zu begrenzen. Die Empfehlung war damals folgende:

  • Kein Fernsehen unter 3 Jahren.
  • Keine eigene Spielkonsole vor 6 Jahren.
  • Internet nach 9 und soziale Netzwerke nach 12 Jahren.

Ende 2019 überarbeitete Tisseron diese Empfehlung und verlagerte den Schwerpunkt von der blossen Begrenzung der Bildschirmzeit auf den Bildungsprozess im Umgang mit digitalen Medien. Mit seiner aktualisierten 3-6-9-12 Regel ermutigt er Eltern nun dazu, ihre Kinder beim Umgang mit digitalen Medien zu unterstützen, sie behutsam in die digitale Welt einzuführen und ihre Lernprozesse in einem altersgerechten Rahmen zu fördern. Folgende Empfehlungen sind Teil seiner aktualisierten 3-6-9-12 Regel:

  • 0 bis 3 Jahre: Spielen Sie aktiv mit Ihrem Kind und fördern Sie die Kommunikation. Achten Sie darauf, dass Bildschirmmedien ausserhalb der Reichweite des Kindes sind, und vermeiden Sie deren Nutzung in seiner Gegenwart. 
  • 3 bis 6 Jahre: Begrenzen Sie die Bildschirmzeit, verwenden Sie Bildschirmmedien gemeinsam und führen Sie Gespräche in der Familie über die Inhalte. Altersangaben der Programme sollen respektiert werden.
  • 6 bis 9 Jahre: Ermutigen Sie Ihr Kind dazu, Bildschirmmedien kreativ zu nutzen, während Sie ihm gleichzeitig die Funktionsweise des Internets und die damit verbundenen Gefahren erklären. 
  • 9 bis 12 Jahre: Diskutieren Sie gemeinsam, wann es sinnvoll ist, ein eigenes Mobiltelefon zu haben. Überlegen Sie, ob eine Online-Begleitung weiterhin notwendig ist, und sprechen Sie mit Ihrem Kind über seine Online-Aktivitäten.
  • 12 Jahre und älter: Ihr Kind darf innerhalb eines von Ihnen festgelegten Zeitrahmens eigenständig im Internet surfen. In der Nacht sollten Mobilgeräte ausgeschaltet sein, ebenso wie das WLAN.

Diese Angaben sind natürlich nur eine Orientierungshilfe und können je nach kognitiver Reife des Kindes variieren. Es ist wichtig, altersgerechte Medien, Geräte und Angebote auszuwählen, um das Kind kognitiv nicht zu über- oder unterfordern. Es empfiehlt sich, die Medien anfangs zusammen mit dem Kind zu entdecken und erste Lernfortschritte zu begleiten – sei es spielerisch oder zielgerichtet schulisch. Informieren Sie sich vorab über geeignete Webseiten, Apps oder Spiele, die für das Alter Ihres Kindes geeignet sind.

GEMEINSAM DIE DIGITALEN MEDIEN ENTDECKEN UND GRENZEN SETZEN

Gemeinsam entdecken und lernen heisst hier das Credo – bei den ersten Berührungspunkten mit digitalen Medien sollten Sie Ihr Kind stets begleiten und Hilfestellung leisten. Diese Unterstützung kann je nach Verhalten und Lernfähigkeit des Kindes nach und nach reduziert werden. Hier ist die Intuition der Eltern oft ein guter Anhaltspunkt: Sie merken, wann Ihr Kind einen guten, sicheren Medienumgang pflegt, der auch mal zeitweise ohne Aufsicht gut funktioniert.

Wie bei so vielen Dingen kommt es auch auf das richtige Mass an. Medienkonsum bzw. -nutzung geht stets mit einer grossen Menge an Sinnesreizen einher. Begrenzen Sie daher die Mediennutzung Ihres Kindes und loten Sie aus, welches Mass das Richtige ist. Pausen können dabei sehr hilfreich sein. Der Ratgeber Medienkompetenz der ZHAW (2019) empfiehlt folgende Richtwerte für Bildschirmzeiten zu Hause:

  • Kinder im Alter von 0 bis 3 Jahren sollen keine Bildschirmmedien nutzen.
  • Kinder im Alter von 3 bis 5 Jahren bis zu 30 Minuten am Tag, zusammen mit Erwachsenen.
  • Kinder im Alter von 6 bis 9 Jahren reichen 5 Stunden Bildschirmzeit pro Woche.
  • Kinder im Alter von 10 bis 12 Jahren nicht mehr als 10 Stunden Bildschirmzeit pro Woche.

SCHUTZ, VORBILDFUNKTION UND KOMMUNIKATION - WICHTIGE FAKTOREN IN DER DIGITALEN ERZIEHUNG

Safety first! Sie können bei vielen Apps, Konten oder Geräten Sicherheitseinstellungen vornehmen und Berechtigungen verwalten. So können beispielsweise gewisse Themen/Inhalte blockiert oder die Inhalte nach Altersfreigabe gefiltert werden. Dabei ist jedoch zu konstatieren, dass ein Filter nicht die Notwendigkeit der Aufsicht bzw. Begleitung ersetzt.
 
Moderne Software ermöglicht Ihnen sogar, via App die Bildschirmzeiten Ihres Kindes zu begrenzen, das Herunterladen oder Installieren kritischer Anwendungen auf dem Gerät Ihres Kindes zu blockieren sowie «Schlafenszeiten» festzulegen.
 
Behalten Sie auch stets im Hinterkopf, dass Ihr Kind sich sehr viel von Ihnen abschaut – auch den Medienkonsum. Ihre Einstellung und Ihr Nutzerverhalten haben oft mehr Einfluss auf Ihr Kind als Sie vielleicht vermuten. Bemerken Sie, dass Ihr Kind sehr oft (bzw. zu oft) mit digitalen Medien spielt, zögern Sie nicht, Begrenzungen vorzunehmen. Ein zu intensiver und langer Medienkonsum kann negative Folgen für Ihr Kind haben, wie beispielsweise Konzentrationsschwäche, Haltungsprobleme oder soziale Störungsmuster. 

Eine verständliche, kinderfreundliche Kommunikation ist hier ein entscheidender Faktor: Erklären Sie Ihrem Kind (natürlich dem Reifegrad entsprechend), warum Sie den Konsum begrenzen und welche Gefahren digitale Medien mit sich bringen können. 

DIE VIELFÄLTIGE NUTZUNG VON DIGITALEN MEDIEN

Es ist wichtig, dass Eltern und Lehrpersonen von Anfang an die Vielfältigkeit der Nutzung digitaler Medien vermitteln sowie aktiv begleiten – natürlich in einem angemessenen, altersgerechten Rahmen.

Zusätzlich zu den schulischen Erfahrungen und Lernprogrammen haben Eltern die Möglichkeit, ihren Kindern zu Hause die Entdeckung kreativer Projekte wie zum Beispiel das Erstellen von Grusskarten mit digitalen Medien zu ermöglichen. Diese Erfahrungen sind nicht nur spannend für die Kinder, sondern vermitteln ihnen auch, dass digitale Medien für unterschiedliche Zwecke genutzt werden können. Das Ziel ist es nicht nur die eigentliche Aktivität zu fördern, sondern auch die vielfältigen Möglichkeiten, die digitale Medien bieten, zu vermitteln.

Prinzipiell gilt jedoch weiterhin, je jünger die Kinder sind, desto umfassender muss die Betreuung und Regulierung seitens der Eltern und des Lehrpersonals sein.

EIN ABWECHSLUNGSREICHER LEHRPLAN ZUR UNTERSTÜTZUNG DER DIGITALEN ERZIEHUNG 

Studien haben gezeigt, dass die Integration von Computern in den Unterricht die Unterrichtsqualität steigern und die Lernergebnisse verbessern kann. Schüler*innen zeigen ein grosses Interesse an der Nutzung von Computern und dem Internet. Durch den Einsatz neuer Medien im offenen Unterricht erhalten die Schüler die Gelegenheit, den Lernstoff eigenständig zu erforschen und zu erlernen. Auf diese Weise entwickeln sie nicht nur Fertigkeiten im Umgang mit Computern, sondern erwerben auch Medienkompetenz. 

Wir sind davon überzeugt, dass in unserer immer digitaler werdenden Welt Informationstechnologie unbedingt zu einem modernen, zukunftsorientierten Lehrplan in allen Fächern dazugehört, um die Kinder bestmöglich auf künftige Herausforderungen vorzubereiten. 

Sie haben Fragen zu unserem Lehrplan und der Rolle, die wir digitalen Medien einräumen? Dann sprechen Sie uns gerne an!

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